Donnerstag, 9. Juli 2009

Leben auf dem Lande


Wir schreiben das Jahr 1979. Hartmut und ich sind frisch verheiratet. Und wir haben einen Traum. Den Traum vom Leben auf dem Lande. Wie viele meiner Generation waren wir von dem damals sehr populären Buch gleichen Titels inspiriert. Als Buchhändlerin habe ich es hundertfach verkauft. Es beschreibt, wie man sich auf den Weg zur Selbstversorgung begibt: Der Kreislauf der Nahrung produzierenden Natur, das ökologische Gleichgewicht halten, Land urbar machen, Tierhaltung, natürliche Energien nutzen, handwerkliche Fähigkeiten entwickeln bis hin zum selber Häuser bauen - all das wird darin geschildert.
Einfacher Lebensstil, schonende und umweltfreundliche Nutzung der Ressourcen, Teilen von Besitz, Gastfreundschaft - das waren unsere Themen, Ron Sider's "Weg durch das Nadelöhr" unsere Lektüre.
Doch wir wurden älter, Kinder kamen dazu, die Arbeit fraß uns manchmal schier auf, turbulente Zeiten forderten ihren Tribut, die Erfordernisse des Alltags bestimmten unsere Gedanken, außerdem hatten wir eine ganz andere Sache mit aufzubauen - unsere Gemeinschaft und unser gemeinsamer Auftrag auf dem Dünenhof. So verblasste der Traum.
Doch eine Sehnsucht blieb hartnäckig in unseren Herzen: der Wunsch nach einem eigenen Haus, wenigstens mit einem kleinen Stückchen Garten dazu. Ein eigenes Refugium. Ein Stück Heimat. Ein Ort der Geborgenheit, Sicherheit und Ruhe. Ein Raum, selbstbestimmt und - wie wir meinten - "artgerecht" leben und sich entfalten zu können. Nachdem sich ein erster Anlauf dazu bitter zerschlagen hatte, verloren wir die Hoffnung, jemals eines zu besitzen. Für mich schloss sich ein längerer Prozess an, diesen Wunsch, auch vor Gott, ganz los zu lassen. Das war vor sechs Jahren, ich kann mich noch gut an den Tag erinnern, an dem ich von dem mich bis dahin beherrschenden und falschen Gedanken frei wurde, nur mit Haus wirklich glücklich sein zu können. Und nur ein halbes Jahr später (ja, ich glaube an einen Zusammenhang!) schenkte es Gott, dass der Traum vom Haus - unser Traumhaus! - Wirklichkeit wurde. 25 Jahre hat er sich damit Zeit gelassen. Noch heute staune ich darüber, wie Gott handelt.
Und auf geheimnisvolle Weise erfüllten sich damit auch unsere damaligen Vorstellungen von einer kreativen, naturverbundenen Gestaltung unseres häuslichen Umfeldes. So ein 120 Jahre altes Haus will umgebaut, renoviert und erweitert werden - Hartmut hat fast alle Gewerke selbst ausgeführt: Mauern, verputzen, Heizung bauen, Elektroarbeiten ausführen, Dach decken ... Und ich habe unser Stückchen Land bearbeitet. Und wie froh bin ich jetzt, dass wir uns NICHT selbst versorgen müssen! Aber ich bin den Jahreszeiten näher als je zuvor. Phasen des Wachstums und Phasen des Ruhens, der Wechsel der Vegetation, des Klimas und Wetters ist mit Garten viel intensiver zu spüren als ohne. Jeder Sommer-und Herbstmonat hat seine eigenen Blumen, sein eigenes Obst und Gemüse. Ich werde nie müde werden, mich daran zu erfreuen. Und das ist unsere heutige Ernte:

5 Kommentare:

Ralf hat gesagt…

Wundervoll! Und: sehr schön geschrieben!

c'est moi hat gesagt…

Wirklich schön!
Das hört sich gut an! Und sieht gut aus!
Johannesbeeren gehören zu meinen Kindheitserinnerungen...

Veo hat gesagt…

Sowas eigenes ist schon ne feine Sache, und ich freue mich mit dir/euch ;-)

Ina hat gesagt…

Und unglaublich lecker sind sie auch gewesen ... DANKE noch mal Susi!!

Peter hat gesagt…

das Bild macht Appetit