Dienstag, 30. September 2008
Nachlese
Bei den mitgebrachten Texten waren Klassiker wie "Der kleine Prinz" und "Muscheln in meiner Hand" dabei, aber auch überraschende Beiträge wie ""De bello Gallico" von Gaius Julius Cäsar (netterweise auf Deutsch), "Für immer grün-weiß - Mein Leben als Werder-Fan", ein Comic, Liedtexte, ein AUFATMEN-Artikel, Auszüge aus Kinderbüchern. Dazu kleine Anthologien verschiedener schöner Zitate und Krimi-Empfehlungen.
Zwei Abschnitte, die meine Aufmerksamkeit besonders auf sich gezogen haben:
"Weil ihr schwach seid, habt ihr uns Halbstarke genannt; und damit verdammt ihr eine Generation, an der ihr gesündigt habt, weil ihr schwach seid.
Wir gaben euch zwei Jahrzehnte Zeit, uns stark zu machen. Stark in der Liebe. Stark im guten Willen. Aber ihr habt uns halbstark gemacht, weil ihr schwach seid.
Ihr habt uns keinen Weg gewiesen, der Sinn hat, weil ihr selbst den Weg nicht kennt und versäumt habt, ihn zu suchen. Weil ihr schwach seid.
Euer brüchiges Nein stand windschief vor den verbotenen Dingen. Und wir brauchten nur etwas zu schreien, dann nahmt ihr das Nein weg und sagtet ja, um eure schwachen Nerven zu schonen. Und das nanntet ihr Liebe. Wiel ihr schwach seid, habt ihr euch von uns Ruhe erkauft. So lange wir klein waren mit Kinogeld und Eis. Nicht uns habt ihr damit gedient, sondern euch und eurer Bequemlichkeit. Weil ihr schwach seid.
Schwach in der Liebe, schwach in Geduld, schwach in der Hoffnung, schwach im Glauben.
Wir sind halb-stark, und unsere Seelen sind halb so alt wie wir. Und wir machen Radau, weil wir nicht weinen wollen nach all den Dingen, die ihr uns nicht gelehrt habt ..." (T. Bovet, Die Liebe ist mitten unter uns)
Obwohl der Text schon älter ist und auf die 68er Generation zielt, empfinde ich ihn als sehr aktuell.
Ein weiterer Ausschnitt von einem Ausschnitt, der auch etwas vom heutigen Lebensgefühl zeigt:
"Das Hindernis, das mich vom verheißenen Frieden trennt, ist der Umstand, dass ich meine Zerrissenheit liebe. Sie gehört zu mir, ich bin mit ihr verwachsen. Ja, sie ist mir wie zu einer zweiten Natur geworden. Von ihr mich lossagen, würde mir gleichviel bedeuten, wie mich verleugnen, wie meinen Selbstwiderspruch verleugnen, wie sterben. Ich sehne mich nach dem Frieden, aber da ich mich in meiner Widersprüchlichkeit liebe, und das heißt doch in meiner Friedlosigkeit, erscheint mir der Friede, wenn er meiner Erfahrung nahetritt, als langweilige, fade, ertötende Lebensweise. Ich möchte zwar loskommen von dem leidigen Aufgespaltensein wider mich, aber da ich meine gewohnte Lebensart nicht aufgeben will, deren Lebenselement die Zerrissenheit ist, hab ich doch auch Angst und Widerwillen, mich von ihr zu lösen ..." (Hans F. Bürki, Zweierschaft)
Sehr, sehr interessant für mich. Ich werde mir wohl einige der Bücher zulegen ...
Montag, 29. September 2008
Welle auf Welle
Die nächste, etwas größere Welle kam am Abend. Der Rest der Familie und Ralf trudelten aus Hamburg und Emden ein, und wir hatten einen tollen Abend mit ausführlichem Abendessen und viel Spaß. Samstag dann brunchen, spazieren gehen, kegeln, Film gucken. Richtig schön!
Und am Sonntag, nach einiger Vorbereitung, an der sich alle beteiligten (Danke, ihr Lieben, ihr wart klasse!), flutete eine Riesenwelle von etwa 30 Freunden über mich hinweg. Gratulationen, Geschenke, „Kommt rein“, „Habt ihr noch Kaffee?“ „Möchtest du Kuchen?“, Vorstellungen, Gespräche, Gelächter. Die Leute überspülten das ganze Haus – Wohn- und Esszimmer, Küche, Hütte – und am Kuriosesten: das neue Badezimmer! Der Anblick von vier Männern, die sich auf unsere Badezimmerbank quetschten, Kaffeetasse und Kuchenteller in der Hand und tief ins Gespräch vertieft , war einfach köstlich.
Um kurz von sieben am Abend war der Spuk plötzlich vorbei, die Flut war der Ebbe gewichen und ich merkte, dass ich wie nach einem wunderbaren Bad im Meer erschöpft und leicht fröstelnd allein am Strand stand. Es gilt einiges zu verarbeiten. Damit habe ich heute morgen begonnen.
Ich bin sehr berührt von der Tatsache, dass nicht nur meine Familie, sondern auch mir wichtige Freunde gerne gekommen sind. Gewünscht hatte ich mir als Geschenk, dass jeder einen Text oder ein Kapitel mitbringt, der/das ihm selbst etwas bedeutet.
Früh heute morgen begann ich zu lesen. Welche Schätze und Kostbarkeiten! Welcher Mut, mir frei etwas von ihrem Herzen zu zeigen und mir daran Anteil zu geben! Wieder merke ich, wie viel mir Worte, die aus dem Innersten kommen, bedeuten. Sie streicheln meine Seele. Sie tragen mich näher zu den Menschen. Sie öffnen mir die Augen. Sie lassen mich verstehen. Die gestrige Flut schwappt heute zurück in Form warmer und dankbarer Empfindungen für die, die mir eine solche Freude bereitet haben. Mein Herz schwimmt in einem Strom schöner, aber auch wehmütiger Gedanken. Die mitgebrachten Texte zeigen, wie unterschiedlich Menschen sind. Wie verschieden auch die Dinge sind, die ihnen etwas bedeuten. Und ich spüre, Seelenverwandtschaft mit Menschen, nach der ich mich so sehne, wird immer nur punktuell möglich sein. Dem Kern ihres Herzen werde ich wohl näher kommen, aber eine „Kernschmelze“ wird nicht statt finden. Wir sind alle zu sehr Individuen, so sehr geprägt durch unsere eigene, unverwechselbare und unwiderufliche Geschichte. Wir sind alle geformt durch Umstände und Menschen, deren Auswirkungen wir bei den anderen letztlich nur in Ansätzen erfassen können. Wir kennen ja nicht einmal uns selbst vollkommen gut.
Himmel bedeutet deswegen u.a. für mich, dass diese geheimnisvolle Trennung, die trotz aller gefühlter Nähe und allem Verständnis da ist, eines Tages überwunden sein wird. Dass wir eins sein werden mit Menschen und mit Gott, dass wir zusammenwachsen zu einem Ganzen und dass dadurch vollkommene Schönheit entstehen wird, die keine Wünsche mehr offen läßt und alle Sehnsucht befriedigt.
Hier und jetzt ist es wohl trotzdem unsere Lebensaufgabe, Distanzen zwischen Menschen zu verkürzen. Das ist für mich an diesem Wochenende geschehen, und darüber bin ich sehr, sehr froh.
Montag, 22. September 2008
Dr. House
Seit gut zehn Tagen schlage ich mich bei der geringsten Anstrengung (z. B. drei Treppenstufen steigen) mit Atemnot, Brennen der Lunge wie nach einem Dauerlauf und Schwindelgefühl herum.
Da stimmt was nicht. Psychische Ursachen habe ich für mich ausgeschlossen. Trotz vieler Arbeit fühle ich mich nicht gestresst und ich habe auch keine außergewöhnlichen Sorgen. Und der gute Arzt hat bisher körperlich keine Anormalitäten fest gestellt. Lunge und Herz abgehorcht - keine Auffälligkeiten. Blutbild von vor sechs Wochen - alles bestens. Blutdruck - okay. EKG - in Ordnung.
Nun warte ich auf den Termin fürs Belastungs-EKG. Mal schauen ...
Sonntag, 21. September 2008
Von Schätzen, die im Dunkeln verborgen sind,
Wir sind durch ihre Freundschaft sehr beschenkt und ich bin trotz aller Kraftanstrengung, die so ein WE mit sich bringt, total froh über die letzten Tage.
Freitag, 12. September 2008
Schöner wohnen ...
Hartmut überließ mir heute morgen das Privileg der ersten Dusche. Er hat wahrlich ein großes Herz, dabei war er es doch, der seit Monaten im Schweiße seines Angesichtes das Bad aus dem Nichts erschuf.
Nun sind die Zeiten endlich vorbei, in denen man in finstere, enge, gruselige Kellerkatakomben mit rieselndem Putz steigen musste, um sich bei 1,93 m lichter Deckenhöhe in Demutshaltung (Kopf runter beim Duschen!) vom Tagesstaub zu befreien.
Freitag, 5. September 2008
Montag, 1. September 2008
Drückende Stimmung
Ich sitze gemütlich im Trockenen und sehe dem Naturschauspiel zu. Doch heute kann ich mich nicht daran freuen wie sonst. Denn ich muss an die Leute aus New Orleans denken, die in diesen Stunden mit großer Angst auf die zerstörerische Naturkraft warten, die mit dem Wirbelsturm "Gustav" kommen und vielleicht ihr Hab und Gut, ihr Heim, ihre Existenz vernichten wird. Was für ein furchtbares, hilfloses, ohnmächtiges Gefühl muss das sein. Welche Erinnerungen werden da hoch kommen an die letzte Katastrophe vor drei Jahren.
Schon allein bei der Evakuierung hat es Opfer gegeben, die den Transport aus einem der Krankenhäuser nicht überlebt hatten. Wie wird es erst sein, wenn der Orkan losbricht?