Sonntag, 8. November 2009

Ein kongolesisches Baby mit nordischem Namen


und andere merkwürdige Geschichten ...

Nach Tagen ohne Verbindung zu Annika, die zunächst im tiefsten Busch Kongos gelandet war, endlich ein verständliches Telefonat. Sie erzählte von ihrer Arbeit auf einer Entbindungsstation in Aru, und sie berichtete, dass die Mutter des ersten Babys, dem sie das Vorrecht hatte, auf die Welt zu helfen, dem Kind ihren Namen – Annika - gegeben hatte. Unsere Tochter meinte zwar (in ihrer manchmal sachlich-nüchternen Art), dass das nichts „Besonderes“ sei, weil die afrikanischen Frauen die Gewohheit hätten, ihre Kinder immer nach dem zu benennen, was ihnen gerade in ihrer Situation über den Weg läuft.

Aber mich hat diese Begebenheit zutiefst berührt und einen Gedanken- und Emotionensturm in mir ausgelöst. Denn mit der Vergabe des Namens an unsere Tochter ist eine kleine Geschichte verbunden. Mein Mann und ich hatten vor ihrer Geburt nach langem Überlegen zwei Namen zur endgültigen Auswahl ausgesucht: Wenn das Baby ein Mädchen und dunkelhaarig wie seine Mutter würde, sollte es Sara heißen, wenn es blond wie sein Vater und seine Brüder werden würde, sollte es den Namen Annika (Nordische Form von Anna = Liebreiz, Anmut, Gnade) bekommen.

Es wurde eine Annika. Aber damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Denn Jahrzehnte später bekamen wir eine Enkeltochter namens – Sara! Diesen Namen hatten unsere Schwiegertochter und unser Sohn für ihre Tochter ausgewählt, obwohl sie unsere Geschichte gar nicht kannten! Mir bedeutet das sehr viel, weil es zeigt, dass viele Geschichten, ganz ohne unser Dazutun, einfach weiter gehen.

Und nun ist ein Name, über den wir uns so viele Gedanken gemacht hatten, an ein kleines afrikanisches Baby weitergegeben worden. Ein kleines Stückchen unserer Geschichte ist nun in einen anderen Kontinent, in eine andere Kultur, in eine andere Familie hinein gewoben worden. Wie wunderbar ist das denn?!!

Ich muss daran denken, dass mein Mann und ich genau in der Mitte einer Fünf-Generationen-Folge stehen. Zwei meiner vier Großeltern und drei von Hartmuts Großeltern habe ich noch kennen gelernt. Und natürlich unsere Eltern. Und nach uns unsere Kinder und unser Enkelkind, und bald kommt ein zweites dazu. Und wir mittendrin – Abkömmlinge zweier ganz unterschiedlicher Familien, die allein durch ihr Zusammensein ein neues Kapitel von Gottes Geschichtenbuch aufgeschlagen haben.

Wie viele Möglichkeiten hat Gott doch, Geschichten zu erzählen, ohne dass die Protagonisten ihre eigene Bedeutung darin überhaupt mitbekommen! Die Frau am Jakobsbrunnen hat es sich sicher nicht erträumen lassen, dass ihre Sehnsucht nach Angenommensein so viele Menschen berühren würde. Oder hat sich Zachäus vorstellen können, dass nach allem Mist, den er gebaut hat, seine Selbsterkenntnis und Ehrlichkeit für viele Leute ein positives Beispiel für einen gelungenen Neuanfang sein würde? Oder hätte Petrus sich in seiner impulsiven und aufbrausenden Art erträumen können, der Fels zu werden, auf dem Gott seine Kirche baut?

Geschichten, die Gott durch uns schreibt, sind uns in den seltensten Fällen bewusst – egal, ob das durch unser Sein, unser Handeln oder unsere Nachkommen geschieht. Und das ist sicher auch ganz gut so, denn wir neigen dazu, schnell überheblich zu werden. Wir sind eingebunden in Gottes Pläne, die größer sind als unsere eigenen und die über uns selbst hinaus gehen - in die nächste Generation, in Menschen, denen wir begegnen, manchmal sogar in fremde Länder. Obwohl wir doch "nur" ein kleines Rädchen im Gefüge dieser Welt sind, werden wir doch die Weichen neu stellen und den Verlauf der Geschichte ändern, allein durch unser Dasein. Das ist ein Gedanke, der mir Spaß macht, mich ermutigt und mich staunen läßt. Und zugleich ist das eine Herausforderung. Denn ich möchte so gerne nicht nur durch mein Sein, sondern auch durch bewusstes Handeln positive Zeichen setzen. Frieden, Geduld, Liebe, Hingabe, Annahme, Vergebungsbereitschaft und Versöhnung – danach sehne ich mich und danach hungert die Welt. Da könnte man doch einen Unterschied machen ...

8 Kommentare:

Heiko hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Veo hat gesagt…

Eine rührende Story...

"Was wir unseren Kindern mitgeben, fällt schlussendlich als Segen auf uns zurück - als Segen, der zur Freude führt."

Lynn Hybels

Ralf hat gesagt…

Amen dazu!

mareike hat gesagt…

War hier tagelang nur ein Foto und ne Überschrift, oder muss ich erst in die Schweiz fahren um den Post ganz angezeigt zu bekommen? :D
Eine tolle GEschichte das.

Susi hat gesagt…

@Mareike: Versteh einer die Technik! Ich jedenfalls nicht ... Lasst es Euch gut gehen in der Schweiz!

Basti hat gesagt…

Ich kann leider auch nichts lesen, nur das Bild sehen.
L.g. nach Cuxhaven und in die Schweiz ;)

Susi hat gesagt…

Keine Ahnung, warum manche den Post lesen können und manche nicht ... Ich versuche heute abend noch mal daran zu basteln!

mareike hat gesagt…

also heute aus Hamburg kann ich wieder nur das Bild sehen... Komische Technik das... :)