Donnerstag, 11. Oktober 2007

Ich stehe

vor einem winzigen Stück Land - kaum 3 qm groß, das aussieht wie ein Miniatur-Bauerngarten: üppig blühende Fetthenne, Skimmie und sich dicht an dicht kuschelnde rote Begonien, umrahmt von grünem Buchsbaum. Papas Grab.
Heute wäre mein Vater 80 Jahre alt geworden, und ich bin früh morgens noch vor der Arbeit über den stillen herbstlichen Friedhof gegangen, um ihm ein paar Blumen hinzulegen. Ich bin allein und halte stumme Zwiesprache mit ihm. Der Ort an sich bedeutet mir nichts. Ich weiß, er liegt nicht hier unter der braunen Erde. Er ist endlich zu Hause. Aber irgendwo geht man halt hin, wenn man in besonderer Weise an Verstorbene denken möchte. Mein Vater hat nichts von den Blumen. Er ist jetzt umgeben von überwältigender Schönheit - dagegen kann ein einfacher Blumenstrauß nicht an. Warum bedeutet es mir dann so viel, dieses Geburtstagsgeschenk auf sein Grab zu legen? Vielleicht, weil ich, weil Menschen überhaupt, Symbolhandlungen brauchen als Wegzeichen, als Orientierungspunkte im Leben. Es ist ein kleines verspätetes Dankeschön für alles, was mein Vater für seine Familie Gutes getan hat. Für das, wofür er stand: Gutmütigkeit, Großzügigkeit, stille Treue, Fleiß, Selbstlosigkeit. Diese postitiven Dinge sind durch ihn als Potential auch in uns Kindern angelegt und wir können sie weiter geben. Und das, was vielleicht schwierig an ihm war, dürfen wir getrost und gelassen so stehen lassen.
Langsam gehe ich über die belaubten Wege dem Ausgang zu. Es ist schön, Frieden zu haben - mit Lebenden und mit Toten.

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