Freitag, 30. November 2007

Ver-rückte finden

Gestern war ich mit unserem Pastor und unserer hauptamtlichen Jugenddiakonin (heißt das so?) beim Hamburger Studientag. Einen Bericht gibt's bei emerging Deutschland.
Ich weiß nicht genau, was ich von dem Tag erwartet habe. Sicher ist, dass in den paar Stunden nur die Spitze des Eisbergs berührt wurde. Themen wurden angerissen, aber es war keine Zeit, um in die Tiefe zu gehen. Das habe ich etwas vermisst.
Emerging Church kann man nicht wirklich packen und in Worte oder gar Programme fassen. Wir leben in einem Spannungsfeld zwischen dem, was in unserer Gesellschaft nicht mehr funktioniert, nämlich einem Glauben, der von oben verordnet wird und der besagt, was man zu glauben hat und was nicht, und andererseits einem oberflächlichen Konsumententum (alles ist erlaubt, selbstgebastelter Patchworkglauben, Hauptsache, es fühlt sich gut an). Das ist unser Spannungsfeld.
Drei Lösungsansätze, die allerdings alle für mich nicht neu sind, sondern mich seit den späten 70ern beschäftigen:
Die Leute da abholen, wo sie sind, ihre Geschichten hören und ernst nehmen, die Menschen vorbehaltlos annehmen, Beziehungen bauen.
Soziale und politische Verantwortung übernehmen.
Musikstile und Gottesdienstformen bzw. ganz andere Arten, den Glauben zu leben, die der jetzigen Zeit der Postmodernen angemessen sind.
Zum letzten Punkt gab's wenig Konkretes, weil, wie oft betont wurde, sich das ja gerade erst in Vielfalt und individuell entwickeln muss. Es gibt halt keine Patentlösung.
Trotzdem hat sich der Tag für mich gelohnt. Die Persönlichkeiten Brian McLaren und Jason Clark haben mich vor allem durch ihre symphatische Art und ihre Demut beeindruckt. Sehr behutsam gingen sie mit (empfangener und austeilender) Kritik um, versuchten statt dessen erst mal zu verstehen, was so abläuft, wenn Gemeinden stagnieren und Christen sich schwer tun, sich auf Neues einzulassen. Ein sehr annehmender, das Gute suchender Umgang mit diesen Themen. Und Brian McLarens Bilder sowie Jason Claks Geschichten waren sehr eindrücklich.
Die große Herausforderung für mich, gerade in der Arbeit, in der ich stehe, ist: Jüngere zu fördern, sie aus der Apathie des Konsumententums zu holen, sie zu ermutigen, ihren Glauben wirklich zu leben und ihre Verantwortung für andere wahr zu nehmen. So wie der Pastor Philipp Elhaus bei der Podiumsdiskussion sinngemäß sagte: "Ich bin auf der Suche nach Verrückten, die das Reich Gottes bauen. Ver-rückt im wahrsten Sinn des Wortes, denn wir sind Kinder des ver-rückten Gottes, der vom Himmel zur Erde kam, um uns nahe zu sein. Ich bin nicht mehr verrückt, ich bin schon älter. Aber ich möchte solchen verrückten jungen Leuten den Arm um die Schulter legen und sagen: 'Du kannst das!'"
Das hat mich sehr berührt, weil das genau die Fragen sind, mit denen wir als WegGemeinschaft uns gerade auseinander setzen. Meine Hoch-Zeit habe ich gehabt. Mit meiner Lebensgemeinschaft sind wir neue, innovative Wege gegangen. Jetzt ist es Zeit, neben der kontinuierlichen Weiterfürung der Arbeit auch die Jüngeren zum Zuge kommen zu lassen, in sie zu investieren und sie zu fördern, ihre eigenen ganz neuen Wege zu gehen.