Mittwoch, 7. November 2007

"Vertraute Fremde"




Unter diesem Titel (im Rahmen eines norddeutschen Erzählfestivals namens "MundWerk") gab gestern abend Roger Willemsen im Kloster Neuenwalde in der Nähe Cuxhavens seine Reiseerlebnisse zum Besten. Und Hartmut und ich haben buchstäblich die letzten Karten dafür bekommen. Wir mögen Roger Willemsen beide sehr gerne, aber bisher kannten wir ihn nur aus dem TV und aus Büchern.
Was er jedoch an diesem Abend losließ, übertraf alle unsere Erwartungen.
Ein Erzählkünstler (90 Minuten ohne jedes Manuskript), ein Sprachvirtuose, ein Wortgenie, wie ich noch nie zuvor einen erlebt habe.
Bei seinen ersten Worten schon bedauerte ich, kein Aufnahmegerät dabei zu haben. Doch dann konnte ich diesen Gedanken los lassen und einfach nur genießen. Ein Feuerwerk der Worte, es sprühte nur so nach allen Seiten. Er spielte mit ungewöhnlichen Wortkombinationen, jonglierte mit ihnen, tieb sie auf die Spitze, ließ sie kreisen und wirbeln, trudeln und fing sie kurz vorm Absturz wieder auf - ohne kaum mal Luft zu holen. Sein umfangreicher Wortschatz, seine scharfe Beobachtungsgabe, sein brillianter Witz, seine skurrilen Reflexionen, seine Emphatie für Menschen, denen er begegnet war, vereinten sich zu einem Gesamtkunstwerk, das seinesgleichen sucht. Einfach genial. Allein wie er minutenlang die Oberfläche eines ihm angebotenen Ziegenkäses beschrieb, der zuvor in der fusseligen Manteltasche eines Ziegenhirten verwahrt wurde ... oszillierend zum Beispiel - genau wie seine Sprache.
Rührende und komische und bedrückende Erlebnisse wechselten sich in schneller Folge ab, und besonders bewegend waren seine Reiseberichte aus Afghanistan.

2 Kommentare:

Talira hat gesagt…

klingt toll. Wir wollten ja eigentlich zu Bodo Wartke, meinem neuentdeckten Lieblings-wasauchimmer (siehe mein Blogirgendwann im August, glaub ich) aber der war natürlich für beide Termine in HH schon ausverkauft.

Anonym hat gesagt…

Schade! Und Ihr seid in HH, wo es immerhin Kulturangebote zu Hauf gibt.
Wenn bei uns vielleicht ein Mal im Jahr was Anständiges angeboten wird, sind die Karten sofort weg. Wir hatten uns auf die Warteliste setzen lassen, und als dann tatsächlich zwei Leute ihre Karten zurückgegeben haben, bekamen wir sie. Reines Glück!
LG!