Freitag, 18. Januar 2008

Deutschland sucht die Super-Hausfrau

Es klingelt an der Haustür. Da steht ein junger Mann mit sonnenstudiogebräuntem Gesicht und gewinnendem Lächeln vor mir. "Guten Tag, Frau Tobies. Wir sind das Team von 'Deutschland sucht die Super-Hausfrau'. Sie sind unter vielen möglichen Frauen als Kandidatin ausgesucht worden."
Erst jetzt bemerke ich das Filmteam und eine gestreng dreinblickende Dame mit Brille Typ "Super-Nanny" im Hintergrund. Ich bin perplex. "Wie kommen Sie denn ausgerechnet auf mich?"
"Wir haben da so unsere Methoden. Recherche. Zum Beispiel haben wir einige Ihrer Freunde befragt, die meinten, bei Ihnen sähe es immer recht aufgeräumt aus. " Freunde! Ha! Wenn mir die unter die Augen kommen ...
"Außerdem haben wir beobachtet, dass Sie in letzter Zeit viele Reinigungsmittel, Schwämme etc. gekauft haben." "Ähhh, jaaa, aber das bedeutet doch gar nichts! Reines Alibi! Nur 'ne Absichtserklärung!" leugne ich. "Die stehen bei mir einfach nur im Schrank rum."
Ich will nicht verraten, dass ich tatsächlich heute mit dem Frühjahrsputz begonnen habe. Zugegeben, ziemlich verfrüht. Aber Hauptsache, diese Leute verschwinden wieder. Doch so leicht lassen die sich nicht abwimmeln.
"Dürfen wir trotzdem mal reinschauen? Unsere Zuschauer interessiert es doch, wie die Deutschen so in ihren Haushalten leben! Es gibt auch einen Preis für die Gewinnerin!" Okay also. Wenn's das Publikum so will... Seufzend lasse ich die Herren und die Dame zunächst ins Wohnzimmer. Da können sie nicht viel Schmutz entdecken - gerade erst gesaugt. Sogar hinterm Sofa (und dabei einen Socken meines Mannes, bei der letzten Wäsche schmerzlich vermisst, sowie einen kleinen Schokonikolaus vom Weihnachtsteller und einen Fetzen Geschenkpapier entfernt).
In der Zwischenzeit sause ich blitzschnell in die Küche. Gerade hatte ich nämlich damit begonnen, die eklig schmierige Schicht von Staub und Fett eines gefühlten halben Jahrhunderts von den Oberschränken zu scheuern. Hilfe, das muss fertig werden, bevor die die Küche inspizieren. Gut, erledigt. Dunstabzugshaube gleich mit reinigen. Puhh, das war knapp. Die Truppe rückt wieder an, als ich gerade die Leiter auf der Terrasse verschwinden lasse.
"Frau Tobies, das war doch schon ganz viel versprechend. Wie sieht's denn mit der Küche aus?" Na, ja, wie soll's schon aussehen. Ich schneide eine Grimasse. Unbeeindruckt meint der junge Mann: "Wir verschaffen uns dann schon mal einen Überblick."
Um so besser. Das gibt mir noch die Gelegenheit, den Staub von unseren IKEA PAX Kleiderschränken (Marke extra hoch) im Schlafzimmer zu entfernen. Also wieder die Leiter geholt und in schwindelnder Höhe die Flusen und Spinnweben entfernt ... Und danach noch schnell die Betten machen. War ich bisher noch nicht zu gekommen (Ich brauche diesem strengen Gremium ja nicht auf die Nase zu binden, dass wir die Betten gelegentlich abends genau so vorfinden, wie wir sie morgens verlassen hatten). So, auch erledigt. Der junge Mann tritt durch die Tür mit erster Kritik, hinter sich die Dame mit gerümpfter Nase und einem Schreibbrett, auf dem sie jeden Schmutzfleck und jede Wollmaus gnadenlos notiert: "Frau Tobies, soweit ganz gut, aber der Backofen ... der hat wohl schon länger keinen Scheuerschwamm mehr gesehen??!!"
Hat er wohl, nur nach dem letzten Sonntagsbraten nicht ...
"Wie gut, dass Sie Ihren Joker einsetzen können. Sie haben jetzt die Gelegenheit, eine Arbeit nachzuholen, ohne dass es Punktabzug gibt. Möchten Sie den Joker hierfür nutzen? Sie entscheiden!" Heuchler. Was bleibt mir anderes übrig? Mein Ehrgeiz ist gepackt. Wo man doch sonst keinen Titel hat ... da klingt Super-Hausfrau doch gar nicht so schlecht. Kann man sich in den Lebenslauf schreiben.
Während ich auf Knien vor dem Backofen hocke, um mein Versäumnis wieder gut zu machen, baut das Kamerateam sein Equipment im Badezimmer auf.
Au weia, hatte ich die Spuren von Zahncreme aus dem Waschbecken entfernt? Und liegt das Duschtusch meines Mannes etwa noch auf dem Boden? Keine Ahnung. Meine Erinnerungen verschwinden im morgendlichen Nebel... ich bin definitiv nicht bei Bewusstsein, bevor ich nicht meinen ersten Kaffee hatte.
Egal, mein Joker ist ohnehin verspielt. Und da kommen sie auch schon: "Frau Tobies, vielen Dank für den interessanten Einblick in Ihren privaten Bereich. Wir melden uns dann wieder bei Ihnen!" Die ersten Männer verlassen das Haus. Die Dame schaut sich noch einmal mit leicht verächtlichem Blick im Flur um, bevor auch sie mit einem knappen Gruss verschwindet. Ich hauche noch verschüchtert: "Bin ich jetzt die Super-Hausfrau?" hinterher, bekomme aber keine Antwort.

Allen zur Beruhigung: Nein, ich bin keine Super-Hausfrau. Weder in der imaginären noch in der realen Welt. Diese den unberechenbaren Windungen meines Hirns entsprungenen abstrusen Phantasien dienten lediglich meiner eigenen Unterhaltung und Selbstmotivation während totlangweiliger und nerviger Putzarbeit.

5 Kommentare:

Ralf hat gesagt…

Ich dachte schon ich bin im falschen Film...

Anonym hat gesagt…

Du bist süß! ;-)

susi_subkutan hat gesagt…

Glaubt mir, ich bin immer noch ich. Es war wirklich nur der zaghafte Versuch einer SATIRE!

Ralf hat gesagt…

Hat geklappt. Bis zu der Sache mit dem Herd hätte ich s gekauft...

Anonym hat gesagt…

Nicht schlecht! Denn die Oberschränke hatte ich tatsächlich sauber gemacht!