Donnerstag, 10. Januar 2008

Persönlichkeit


Wenn ich mir die Bilder unserer Enkeltochter anschaue, berührt es mich, dass sie ausdrücken, dass sie mit ihren acht Monaten bereits eine ganz eigene Persönlichkeit ist. In ihren ersten Wochen habe ich mich einfach nur darauf gefreut, ein „Baby, dass jetzt zu unserer Familie gehört“, zu sehen. Jetzt freue ich mich auf Sara. Und verbinde damit das, was sie ausmacht, mit ihrem Lächeln, mit ihren Vorlieben und Abneigungen, mit ihrem offenen, freundlichen und fröhlichen Wesen.

Ich denke an meine Kindheit. Keine Ahnung, wann ich zur Persönlichkeit geworden bin. Nur wenige Erinnerungen habe ich an meine Kinderzeit. Sie war aus meiner Sicht eher geprägt durch das, was von außen auf mich einwirkte und dem ich mich anzupassen hatte. Ich hatte wenig Möglichkeiten, umgekehrt selbst Einfluss auf meine Umwelt zu nehmen mit dem, was mich ausmachte. Ich wusste auch gar nicht viel von meinem eigenen individuellen Wesen und meinem eigenen Willen. Ich war als Kind extrem schüchtern und hatte wenig Selbstvertrauen. Es war nicht wichtig, was ich wollte. Wichtig war nur, das zu erfüllen, was andere von mir erwarteten. Mein Streben war es, möglichst unsichtbar zu bleiben.

Kein Wunder, dass ich mich noch heute manchmal frage: Wer bin ich eigentlich? Was ist wirklich meins und was nur Reaktion auf meine Umwelt und Mitmenschen? Erst in den letzten zwanzig Jahren entdeckte ich Dinge, die tatsächlich mir entsprechen. Aber es fällt mir nach wie vor schwer, sie so ernst zu nehmen, wie sie es verdienen. Es ist nicht leicht für mich, mich mit meinen Gedanken und Gefühlen „nach außen zu transportieren“, für andere transparent zu werden. Ich bin froh, dass mein Mann mir alle Freiheit läßt und mich darin unterstützt und fördert. Und Gott will sowieso, dass ich ich bin, nicht nur, weil er mich zu dem Zweck geschaffen hat, sondern auch weil das die einzige Chance bietet, dass er mit mir in Kontakt kommt.

Das Blogschreiben ist wohl eine (therapeutische?) Möglichkeit für mich geworden, mir selbst auf die Spur zu kommen. Wobei das eine wirklich wackelige Angelegenheit ist: Wann lehnt man sich zu weit aus dem Fenster in einem total öffentlichen Raum, und wann werden Inhalte zu banal, wenn man an der Stelle lieber etwas vorsichtiger ist? Eine Gradwanderung. Aber was ich im Lauf meines Lebens gelernt habe, ist, wie sehr ich von den (Lebens-)Geschichten anderer Menschen profitiert habe. Zu hören, was andere bewegt, bewegt mich auch. Das nenne ich Leben teilen. Und dem will ich mich nicht verweigern, sondern möchte mich selbst öffnen, damit andere Menschen auch von meinem Leben profitieren können.

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