Donnerstag, 11. Januar 2007

Beunruhigende Fragen in einer virtuellen Ära



Mein Großvater leistet sich in hohem Alter eine für ihn tolle technische Neuheit: eine mechanische Schreibmaschine.

Im zarten Alter von 17 Jahren hatte meine Mutter sich erstmals mit einem kleinen schwarzen Apparat auseinanderzusetzen: dem Telefon. Es dauerte einige Jahre, bis sie ihre panische Angst vor diesem Monstrum verlor.

Mein Vater schleppte am 21.7.1969 einen geliehenen Fernseher nach Hause. Das war am 70. Geburtstag meiner Großmutter, und unsere einberufene Großfamilie hing wie gebannt vor einem schwarz-weißen Grisselbild mit schattenhaften Umrissen und verfolgte das Gehüpfe von Neil Armstrong und Edwin Aldrin auf staubigen Mondkratern. Da war ich elf.

Vor ca. 17 Jahren besorgte Hartmut sich aus beruflichen Gründen seinen ersten Computer – zu einer Zeit, da die meisten Haushalte Deutschlands noch rechnerlos waren.

Nach einiger Zeit überwand ich meine Skepsis und eignete auch mir den Umgang mit dem PC an. Gelobt sei die dos-Ebene! (Kennt die überhaupt noch jemand? Das ist die Keilschrift des Computers.) Ein Mobiltelefon bekam ich auch.

So weit – so gut.

Doch jetzt? Handys können filmen und Mails versenden, während man über Rechner telefonieren kann, und mein verständnisloses Hirn umschwirren Begriffe wie Blu-Ray, iPhone, WiMAX und HSDPA. Hilfe!!!!! Ich habe den Anschluss an die technische und virtuelle Welt verloren! Wie kann jemand, der wie ich kein Technik-Freak ist, nur auf dem Stand der Zeit bleiben? Und wie kann ich diejenigen verstehen, die sich täglich mit solchen Dingen beschäftigen und dadurch ein anderes Lebensgefühl haben als ich?

Und wie wird es weitergehen? Ich ahne schon, wie mir in 20 Jahren mein Enkelkind einen mitleidigen Blick zuwirft, wenn ich ratlos vor neuer Technik stehe, und begütigend sagt: „Lass mal, Oma, ich mach das schon für dich ...!“ Grrrr....

Aber Spaß beiseite. Die Gefahr, abgehängt zu werden, obwohl man sich bemüht, hechelnd hinter der Zeit herzurennen, ist ziemlich groß. Eine komische Figur gibt man dabei ohnehin ab.

Und was ist, wenn gleichzeitig meine geistlichen Erfahrungen, meine mühsam durch Krisen und Schmerzen erworbene Lebensweisheit, meine Menschenfreundlichkeit, meine Kenntnisse der Literatur – kurz: mein gesamtes Sein und gesammeltes Wissen niemanden interessiert außer mich selber? Werden die added values eines Lebens noch gefragt sein? Ich möchte kein gestriges und selbstgenügsames Leben führen. Ich möchte Leben teilen, Austausch der Generationen, Geben und Nehmen.

Aber - Gott sei Dank, er interessiert sich für mich! Und ich will vertrauen, dass er mir mein Leben lang Menschen über den Weg schickt, von denen ich lernen kann und umgekehrt. Ein frommes Deckelchen? Nein, denn ich glaube, dass dies ein Teil Gottes Plans für uns Menschen in dieser Welt ist. Beunruhigend ist die technische Entwicklung trotzdem für mich ...


3 Kommentare:

Ralf hat gesagt…

Wie wärs damit: Lass die Technik fortschreiten und nutze sie wo es nötig und für dich praktikabel ist. "Es ist nicht wichtig diese Welt zu verstehen. Man muss sich in ihr zurecht finden" (frei nach Einstein) Ich denke das gilt auch für Technik. Ich hab da wen an der Hand, der mich diesbezüglich gut in technischen Sachen berät (GOTT ist nicht gemeint...;-). Die anderen Werte können Verbreitung finden über die von dir erwähnten Medien. Die (für uns?!) wirklich wichtigen Werten finden Anerkennung und Gehör bei eben jenen die ähnlichen Dingen anhängen. Der Rest diskutiert über die Taktfrequenz der neusten Rechnergeneration und fragt sich ob man auch über das iPhone Kontakt halten kann. :-)

Anonym hat gesagt…

Du, ich hab auch keine Ahnung von den ganzen Sachen und ich bin eigentlich noch in dieser Generation... Aber zurecht finden tu ich ich mich schon. Und wenn ich mal nicht weiter weiß, dann hol' ich meine Brüder!
;-)
Solange ich ab und zu ins Internet komme... Letztendlich braucht man das ganze auch nicht. Früher ging es doch auch ohne! Und überhaupt: Früher war alles besser!
Wobei ich zugeben muss, dass ich mich ohne mein Handy auch ziemlich nackt fühle...

susi_subkutan hat gesagt…

Gelobt seien die großen Brüder (und Freunde), die sich da auskennen! Und, wie ich hinzufügen möchte, der Ehemann und die Söhne.
Was mich halt - und das schon seit einigen Jahren - beschäftigt ist, dass ich nicht in meiner persönlichen Entwicklung stehen bleiben möchte. Ich will immer weiter lernen und offen bleiben und auch wissen, wie die junge Generation denkt und fühlt.
Aber ihr habt ja Recht. Das kann sich nicht (nur) an meinem Wissensstand in punkto Technik entscheiden. Alles andere wird sich ergeben. Danke für eure Gedanken!